Suchtberatung im Krisenmodus
MÜHLDORF – Suchtberatung im Krisenmodus: Pascal Kober hat sich bei der Caritas Mühldorf Einblicke für die große politische Arbeit geholt. „Wir haben während der Corona-Pandemie kreativ alle Beratungsdienste aufrechterhalten“, sagte Kreisgeschäftsführer Richard Stefke. Kober hat auf Einladung der FDP-Heimatabgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht mehrere soziale Einrichtungen im Wahlkreis besucht.
Coronabedingt sind laut Kreisgeschäftsführer Stefke einige Beratungsdienste, etwa in der Suchtberatung, auf Telefon und Video umgestellt worden. Viele Suchtkranke haben nach Einschätzung der Suchtberaterin Alexandra Bohn die Einschnitte und Kontaktbeschränkungen durch Alkohol, Tabak oder andere Drogen kompensiert. Dies führe zu zusätzlichem Stress. „Wir rechnen mit steigendem Beratungsbedarf, je länger die Corona-Pandemie andauert“, sagt die Sozialpädagogin, die seit zwanzig Jahren in der Drogenberatung arbeitet. Es sei für die Suchtberater sehr belastend, wenn Klienten sterben. In den letzten Monaten habe es drei Fälle gegeben. Viele Suchtkranke hätten eben versucht, mit Suchtmitteln wie Alkohol oder anderen Drogen die Zeit des Lockdowns zu überstehen.
Suchtkranke hätten zudem das Problem, dass nur drei Ärzte im Landkreis Mühldorf zur Verfügung stehen, die Substitutionsmittel verschreiben.
„Wir müssen mehr Ärzte motivieren, hier zu helfen“, sagt Alexandra Bohn.
Sucht produziere in der Regel viele Probleme wie Ehekrisen, Wohnungsnot oder Schulden. Als unabhängige Beratungsstelle für Kinder, Jugend und Familie biete die Caritas vielfältig Beratungsdienste für Eltern, Kinder und Jugendliche an, u. a. für Trennungseltern, erläutert die Psychologin Julia Kühner. Es werde immer die individuelle Situation betrachtet und versucht, eine passgenaue Hilfe anzubieten.
In punkto psychotherapeutischer Versorgung sei der Landkreis Mühldorf auf dem Papier mit 147 Prozent überversorgt. Andererseits besteht ein Jahr Wartezeit auf eine Psychotherapie. „Irgendwie scheint dier Rechnung nicht zu stimmen“, beklagt Alexandra Bohn.
Nach wie vor stehen die Sozialen Dienste laut Stefke vor der Herausforderung, bestimmte Leistungen vorfinanzieren zu müssen.
Zuschussgeber wie der Bund würden erst spät Bescheide erstellen, so dass die Träger in Vorleistung gehen müssen. Darüber hinaus seien Dienste wie die Beratung von Migranten nur zu 90 Prozent gefördert. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Dienstleister auch noch Geld mitbringen müssten, appellierte Stefke an die Bundestagsabgeordneten.
Die Kreiscaritas beschäftigt laut Geschäftsführer Richard Stefke an den zwei Hauptstandorten Mühldorf und Waldkraiburg sowie mit Sprechstunden in Neumarkt St. Veit, Haag, Gars und Schwindegg 110 Mitarbeiter. Der ambulante Pflegedienst betreut rund 220 Patienten. Die Fachdienste kümmern sich um die Beratung von Suchtkranken, Kindern, Jugendlichen und Familien sowie von Armut betroffenen Menschen, u. a. in der Schuldnerberatung.
Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, betonte, die Politik sei in Berlin mit den bundesweiten Verbänden vernetzt. Deshalb sei es interessant, einzelne Einrichtungen kennenzulernen und neue Einblicke zu gewinnen, sagt der Politiker und evangelische Pfarrer.