Spannende Zeiten im Großhandel mit Kfz-Ersatzteilen
Die FDP-Heimatabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht im Unternehmergespräch mit Jörg Neimcke, Geschäftsführer der Neimcke GmbH Co.KG (Mühldorf) und Vorstand des Industrie- und Wirtschaftsverbundes Mühldorf e. V.
MÜHLDORF – Der Corona-Lockdown bremst einen systemrelevanten Betrieb im Großhandelsmarkt für Kfz-Ersatzteile nur wenig aus. Die Branche steht vor dem Umbruch und beschäftigt sich mit der Elektromobilität (deutlich weniger Teile), Designschutz von sichtbaren Teilen sowie dem Umgang mit fahrzeuggenerierten Daten. Über diese Entwicklungen sprach die FDP-Heimatabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht (Ampfing) mit Jörg Neimcke, Geschäftsführer der Neimcke GmbH & Co.KG und Vorstand des Industrie- und Wirtschaftsverbundes Mühldorf e. V. (IVM).
Als systemrelevanter Betrieb war die Neimcke GmbH & Co.KG in der ersten Welle des Corona-Lockdowns nur wenig von einem Umsatz-Rückgang betroffen. 2020 sei trotz Corona kein schlechtes Jahr gewesen. Allenfalls eine Umsatz-Delle habe das Unternehmen eingefahren, so Geschäftsführer Jörg Neimcke.
Mit über 300 Mitarbeitern bietet das zur LKQ Europe gehörende Unternehmen an den Standorten Mühldorf (Firmensitz), Traunstein, Kirchheim bei München und Salzburg ein Vollsortiment von KFZ-Verschleißteilen, Auto-Zubehör, Pflegeprodukten, Werkstatteinrichtungen und sonstige Bedarfsgüter der Kfz-Werkstätten und Industrie. Zum besonderen Service gehört die bis zu viermalige Lieferung innerhalb eines Tages. Für 2021 fürchtet die Branche hingegen ein „schweres Geschäft“. Jörg Neimcke nennt einen einfachen Zusammenhang: Weniger Autofahrten – weniger Verschleiß. Wenn die Autoindustrie weniger Fahrzeuge verkauft, sei dies für die Werkstätten von Vorteil. „Je älter die Fahrzeuge werden, umso mehr Ersatzteile brauchen sie“, so Neimcke. Allerdings sei im Bereich der Werkstatteinrichtungen ein zeitversetzter Rückgang an Neubauten und Umbauten zu erwarten.
Der Lockdown hat das mittelständische Unternehmen im Personalbereich vor Herausforderungen gestellt. Von Mai bis Juli sind laut Neimcke etwa zehn Prozent der Mitarbeiter in Kurzarbeit gegangen. Ein Hygienekonzept musste im Büro und im Lager umgesetzt werden. Es seien neue Formen des mobilen Arbeitens erprobt worden, ohne in die strengen Regelungen für reines Home-Office zu fallen, so Jörg Neimcke. Mit dem Lockdown und Kontaktverboten seien im Vertrieb verstärkt Online-Meetings eingesetzt werden, um etwa Kunden neue Produkte vorzustellen.
Die Bundesregierung ist mit der Home-Office-Verordnung laut Sandra Bubendorfer-Licht über das Ziel hinausgeschossen und sorgt vor allem für mehr Bürokratie. Im Zweifel führten die Regelungen sogar zu weniger Home-Office. Die Bundesregierung habe den Trend verpasst und in der Krise auf die Schnelle eine unausgegorene Regelung geschaffen, so Bubendorfer-Licht. Mit dem verstärkten Einsatz von Online-Instrumenten hingegen bringe die Digitalisierung Vorteile: „Man muss nicht mehr jede Sitzung vor Ort machen“, betonte die Abgeordnete und verwies auf Erfahrungen aus dem Politikbetrieb.
Das kommende Thema in der Ersatzteil-Branche ist der Umstieg auf die Elektromobilität. Rund zwei Drittel weniger Teile sind laut Jörg Neimcke in einem Strom-Auto verbaut. Viele Teile in der Antriebstechnik wie Anlasser, Einspritzsystem, Kurbelgehäuse, Tank oder Auspuff seien überflüssig. Neben dem Elektro-Antrieb spielen Neimcke zufolge Daten in der Zukunft eine größere Rolle. Der Zugriff auf diese fahrzeuggenerierten Daten sei für den freien Ersatz- und Verschleißteilemarkt leider immer noch recht stark eingeschränkt. Die Branche hofft darauf, dass der Gesetzgeber faire Chancen für alle Marktteilnehmer ermöglicht. Seit dem verpflichtenden Einbau von ECall-Systemen werden Notrufe an die Fahrzeughersteller exklusiv übermittelt. Auch bei autonomen Fahrzeugen werde es in Zukunft wichtig sein, so Jörg Neimcke, dass der Besitzer weiterhin die Wahl hat, wo er sein Fahrzeug warten lasse.
Besonders beschäftigt sich der Autoteile-Handel mit dem Designschutz für sichtbare Ersatzteile. Die Designschutzrichtlinie 98/71/EG regelt, dass die Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon unter bestimmten Voraussetzungen geschützt werden kann. Damit können Automobilhersteller laut Neimcke das Design eines Fahrzeugs schützen. Deutschland habe bei der Umsetzung der Designrichtlinie in nationales Recht den Designschutz für sichtbare Ersatzteile seit diesem Jahr abgeschafft, allerdings mit einem Bestandsschutz von 25 Jahren. Erst danach profitiere der Verbraucher von ähnlich günstigen Ersatzteilpreisen wie in anderen Ländern Europas.
Betroffen davon seien Ersatzteile, die bei einer Autoreparatur zur Wiederherstellung der ursprünglichen Erscheinungsform des Autos verwendet werden, also z.B. Motorhauben, Kotflügel, Außenspiegel, Scheiben, Scheinwerfer und Rückleuchten. Die Automobilhersteller reklamieren das Designrecht, um höhere Preise für Ersatzteile durchzusetzen, so Neimcke. Im Mühldorfer Ersatzteillager sind die Teile in Erstausrüster-Qualität, Werkzeuge und Geräte für den professionellem Einsatz auf Lager.
Die Liberalisierung ohne Designschutz für Ersatzteile sichere hingegen günstige Verbraucherpreise, so die FDP-Bundestagsabgeordnete. Die sogenannte Reparaturklausen im Designrecht ermögliche einen vorteilhaften Wettbewerb. „Die Reparaturklausel steht für einen freien und harmonisierten Markt und verhindere verdeckte Subventionen zugunsten der Automobilhersteller“, betont die Sandra Bubendorfer-Licht.