Immer mehr Schleuser stehen vorm Richter
MÜHLDORF (10.02.23) – Die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht, Mitglied im Innenausschuss des Deutschen Bundestages, hat sich am Amtsgericht Mühldorf über die Arbeit des Gerichts informiert.
2022 ist es nach Angaben von Direktor Jürgen Branz zu einer erheblichen Zunahme der Schleuserkriminalität sowie zu einer Zunahme der hochstrittigen Familiensachen mit stark belasteten Kindern und der Verfahren mit Kindeswohlgefährdung gekommen.
Die Zahl der aufgegriffenen Schleuser sei im Landgerichtsbezirk Traunstein von 273 (2019) auf 573 im letzten Jahr gestiegen. Die Zahl der Vorführungen vor dem Haftrichter in Mühldorf am Inn sei von jährlich 14 im Jahr 2020 auf 54 im Vorjahr gestiegen. „Wir stellen jede Woche einen Haftbefehl gegen Schleuser aus“, erklärt der Amtsgerichtsdirektor. Das harte Durchgreifen mit Freiheitsstrafen soll nach seiner Ansicht eine abschreckende Wirkung entfalten.
Wien als Sammelplatz der Schleuser
„Die Zahlen explodieren“, sagt Richter Dr. Christoph Warga. Er betont, dass es in früheren Wintern „ruhiger“ gewesen sei. Aus den bisherigen Fällen wissen die Mühldorfer Richter, dass die meisten Schleusungen nach Deutschland von Wien aus in Pkws und Kleinbussen mit bis zu zehn Passagieren erfolgen. Bis zu 16.000 Euro muss ein Flüchtling an die Schleuserorganisation zahlen. Die Fahrer erhalten bis zu 300 Euro pro geschleuster Person. Falls sich Flüchtlinge selbst als Fahrer zur Verfügung stellen, erhalten sie einen Rabatt auf ihren für die Schleusung gezahlten Preis. „Fahrer sind das letzte Glied in der Schleuser-Kette“, betonen die Richter.
Abschreckung mit hohen Strafen sei dringend nötig, denn es gebe genügend Fahrer, die extra aus Norddeutschland anreisen, um die Schleuserfahrt durchzuführen. In einer der letzten Entscheidungen wurde ein Fahrer durch das Amtsgericht Mühldorf am Inn zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Das Schleuserwesen sei ein neues Phänomen, das 2015 zur ersten Flüchtlingswelle in diesem Maße noch nicht bestanden habe, berichtet Jürgen Branz.
Der neue Höchststand an illegalen Einreisen macht es laut Sandra Bubendorfer-Licht nötig, in der Migrations- und Integrationspolitik neu anzufangen. Irreguläre Migration muss ihrer Ansicht nach deutlich reduziert werden, reguläre Migration ermöglicht werden. Sie verwies auf den ersten Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, der in der letzten Woche sein Amt angetreten hat. Joachim Stamp (FDP), ehemaliger Integrationsminister Nordrhein-Westfalens, soll die deutsche Migrationspolitik neu ausrichten. Zu seinen Aufgaben zähle auch, so betont die Ampfinger Bundestagsabgeordnete, praxistaugliche Vereinbarungen mit wesentlichen Herkunftsländern zu schließen, um sowohl Fachkräftemigration als auch Abschiebungen voranzubringen.
Das Amtsgericht Mühldorf am Inn ist eines von bayernweit 73 Amtsgerichten. Das Gericht ist zuständig für Zivil-, Straf- und Insolvenzverfahren, Familiensachen sowie für die freiwillige Gerichtsbarkeit, d.h. insbesondere Betreuungs-, Nachlass- und Grundbuchsachen. Das Amtsgericht Mühldorf beschäftigt 78 Mitarbeiter, davon sind drei Richterinnen und sieben Richter.